Was ist eine Anpassungsstörung?

Einer Anpassungsstörung geht immer ein belastendes auslösendes Ereignis (Life Event) voraus, was beim Betroffenen bestimmte Symptome auslöst.

Life Events sind Lebensereignisse, die im Lebenszyklus eines Menschen nicht unüblich sind, aber dennoch eine Belastung darstellen. Meist sind sie mit Verlust, Verletzung und Bedrohung assoziiert. Oftmals betrifft es (dauerhafte) Veränderungen der Lebenssituation. Die Art und Schwere des Ereignisses, sowie die Vorhersehbarkeit, spielen dabei eine Rolle. Einige Beispiele sind:

  • Ständige schwere Konflikte am Arbeitsplatz
  • Die Diagnose einer körperlichen Erkrankung und daraus resultierende Beschwerden wie z. B. Schmerzen
  • Verluste von Fähigkeiten (durch Erkrankungen, Unfälle usw)
  • Verlust einer nahestehenden Person

Der Beginn der Symptomatik steht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis, also innerhalb eines Monats nach dem auslösenden Ereignis und nicht später als 6 Monate nach Ende der Belastung oder den Belastungsfolgen. Die Erkrankung kann sich in verschiedenen Symptomen ausdrücken:

  • Depression
  • Ängste/ Phobien
  • Anspannung
  • Ärger
  • Schmerzen, die keine oder nur teilweise eine körperliche Ursache haben
  • Erschöpfungszustände
  • Verhaltensauffälligkeiten wie z. B. aggressives und dissoziales Verhalten

Wie entsteht eine Anpassungsstörung?

Ganz generell kann man sagen, dass eine Anpassungsstörung entsteht, wenn die ungünstigen Faktoren gegenüber den Schutzfaktoren/ Ressourcen des Betroffenen überwiegen.

Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:

Eine 48-jährige alleinerziehende Patientin fühle sich seit einigen Jahren erschöpft. Früher habe sie zehn Stunden am Tag in einer Fabrik gearbeitet, abends noch den Haushalt erledigt und der Tochter bei den Hausaufgaben geholfen. Vor drei Jahren habe sie dann aufgrund der Erschöpfung und Schlafprobleme gekündigt und ist seit dem arbeitslos. Vor 4 Monaten habe ihre Tochter einen schweren Unfall gehabt, bei dem sie ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe. Sie habe große Angst, dass die Tochter wieder gesund werde. Sie passe immer auf die Tochter auf und schaffe es nicht mehr, sich auszuruhen und Kraft zu tanken. Trotz großer Müdigkeit schlafe sie sehr schlecht und sei permanent angespannt, obwohl sie nur den Haushalt zu tun habe. Es gäbe oft Streit mit der Tochter, weil sie nicht auf ihren Gesundheitszustand achte. Freunden und Nachbarn gehe sie aus dem Weg, weil sie immer nach der Tochter fragen würden. Sie könne sowieso niemand verstehen, sie fühle sich völlig allein gelassen.

Folgende ungünstigen Faktoren führen dazu, dass die Frau eine Anpassungsstörung entwickelt hat:

Das Ereignis des Unfalls gefährdet den Gesundheitszustand der Tochter massiv, eine vollständige Genesung ist noch unklar. Außerdem hat die Patientin keine Unterstützung aus dem Umfeld. Sie ist alleinerziehend und geht Freunden und Nachbarn aus dem Weg. Diese Faktoren treffen nun auf bereits bestehende Symptome der Patientin, die sich schon vor einigen Jahren entwickelt haben.

Abgrenzung zu anderen Diagnosen

Bei einer Anpassungsstörung muss überprüft werden, ob folgende andere Erkrankungen das Gesamtbild der Symptome besser beschreiben:

  • Posttraumatische Belastungsstörung
  • Depressive Störung
  • Somatoforme Störung

Wie behandeln wir Anpassungsstörungen?

Bei einer Anpassungsstörung gibt es keine spezifische Behandlung, die nur für dieses Störungsbild entwickelt wurde, da es sich um eine Vielzahl von Symptomen handeln kann. Es geht vielmehr um die Reduktion einzelner Symptome. Häufige übergreifende, nicht-symptomspezifische Strategien werden im Folgenden erläutert:

Falls möglich, kann der Auslöser mithilfe von Problemlösestrategien verändert werden. Das Erarbeiten von imaginativer Stabilisierungstechniken und das Aktivieren von bereits vorhanden und neuen Ressourcen spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. In akuten Fällen wird Krisenintervention, das Verringerung der Suizidalität sowie das Erarbeiten von Strategien bei Suchtmittelmissbrauch notwendig. Das Vermitteln von allgemeinen Strategien zur Regulation von starken Gefühlszuständen kann ebenfalls Bestandteil der Therapie sein.

Folgende symptomspezifische Methoden können in der Behandlung relevant werden:

Beim Auftreten von depressiven Symptomen wird auf die Behandlungsmethoden der Depression (Link) zurückgegriffen, wie z. B. Aufbau positiver Aktivitäten, Förderung unterstützender Sozialkontakte und Veränderung von wenig hilfreichen Gedanken. Bei Ängsten ist das Erlernen eines Entspannungsverfahrens und die schrittweise Konfrontation mit vermiedenen Situationen sinnvoll. Bei Schwierigkeiten mit sozialen Interaktionen können Betroffene von einem Training sozialer Kompetenzen profitieren. Am Ende der Therapie ist es wichtig, dass die erlernten Strategien den Transfer in den Alltag finden, d. h. auch im Alltagsleben umsetzbar sind.