Abhängigkeit als Hilferuf

Stoffgebundene Suchterkrankungen zählen zu den häufigsten Folgestörungen einer Belastungsstörung. Eine ausführliche Diagnostik hilft, diese zu erkennen und zu behandeln.

Wird die Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Depression oder Angststörung gestellt, können bei vielen der Betroffenen noch weitere Diagnosen auftreten. Dazu gehört auch das Spektrum der Abhängigkeitserkrankungen, zu denen stoffgebunden die Medikamenten-, Alkohol- und Drogenabhängigkeit gezählt werden. Als Vorstufe wird der schädliche Gebrauch bzw. Missbrauch dieser Stoffe gesehen, wobei die Übergänge meist schleichend sind.

Abhängigkeit mit vielen Erscheinungsformen

Anzeichen körperlicher Abhängigkeit sind Entzugssymptome (z. B. Zittern, Schwitzen, Übelkeit) bei Verringerung der Einnahme der Substanz und die Beseitigung der Entzugssymptome bei erneuter Einnahme. Des Weiteren ist eine sogenannte Toleranzentwicklung zu beobachten, bei der eine verstärkte Einnahme („Dosissteigerung“) des Stoffes nötig wird, um die gleiche positive Wirkung (Entspannung, innere Ruhe, körperliches Wohlbefinden) zu erzielen. Psychische Abhängigkeit besteht immer gleichzeitig mit körperlicher Abhängigkeit, kann aber auch ohne körperliche Entzugssymptome bestehen. Sie zeigt sich dadurch, dass der Betroffene das übermächtige Bedürfnis hat, diese Substanz zum Leben zu benötigen. Es kommt zu Gefühlsschwankungen, innerer Unruhe, Gereiztheit bis hin zu Aggressivität, Angst, Schlafstörungen, Gedankenkreisen um den Konsum und Veränderungen der Lebensgewohnheiten. Die psychische Abhängigkeit stellt für die Behandlung die größte Herausforderung dar, da sie zum einen noch lange über die Abstinenz hinaus wirkt, und zum anderen von den meisten Betroffenen unterschätzt wird.

Riskanter Versuch der Selbstheilung

Abhängigkeit zählt zwar zu den selbstschädigenden Verhaltensweisen, ist aber auch als ein Versuch der Selbstheilung zu verstehen, um die Folgen seelischer Traumata und starker Belastungen, z.B. durch Schmerzen oder Lebenskrisen zu verarbeiten. Kurzfristig wird darüber zwar häufig eine Reduktion der sonst nur schwer aushaltbaren Symptome erreicht. Langfristig besteht jedoch ein erhöhtes Risiko, mindestens eine weitere Erkrankung zu entwickeln, wie z. B. die Abhängigkeit von der eingenommenen Substanz mit ihren körperlichen und sozialen Folgeschäden. Darüber hinaus vermittelt das „Suchtgedächtnis“ dem Konsumenten ausschließlich die belohnenden Aspekte des Konsums wie z.B. die zuverlässige, schnelle und unkomplizierte Lösung aus unangenehmen Spannungszuständen und belastenden Symptomen oder auch die Konservierung von positiven Gefühlen. Für Betroffene ist es dadurch in der Therapie häufig um so schwerer, selbstfürsorgliche und gesundheitsförderliche Regulationsstrategien für sich nutzbar und nachhaltig verfügbar zu machen. Substanzgebrauch und die sich daraus ergebenden Lebensumstände machen außerdem weitere Traumatisierungen wahrscheinlicher und erhöhen somit das Vorkommen von posttraumatischen Belastungsstörungen bei Suchtpatienten.

Wie behandeln wir sekundäre Abhängigkeitserkrankungen?

Genaue Diagnostik zum Konsum psychotroper Substanzen

Zu Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung ist Betroffenen oft noch nicht klar, welche Funktion die Einnahme bestimmter Substanzen hat und ob es sich dabei möglicherweise um einen schädlichen Gebrauch oder eine Abhängigkeit handelt. Im Rahmen einer vollständigen Diagnostik wird deshalb auch dieser Bereich genau beleuchtet und – falls nötig – in der Therapie im Sinne des Aufbaus selbstfürsorglichen Verhaltens berücksichtigt. Das ist erforderlich, weil unter der Einwirkung Abhängigkeit erzeugender Substanzen und/oder Entzugssymptomen keine ausreichende psychotherapeutische Arbeit und Verarbeitung traumatischer Erlebnisse möglich ist.

Soll Psychotherapie gelingen, ist es wichtig, ein Problembewusstsein für abhängiges Verhalten zu entwickeln. Der Aufbau von Veränderungsbereitschaft und Veränderungskompetenzen sind notwendig, um einen selbstfürsorglichen Umgang mit sich selbst gestalten zu können und im besten Fall Abstinenz zu erreichen.

Die Behandlung erfolgt deshalb wie bei anderen psychischen Störungen in einem Gesamtbehandlungskontext. Neben der durchweg gesicherten allgemein-medizinischen Betreuung besteht die Therapie aus einer individuell angepassten Kombination von Einzel- und Gruppenpsychotherapien unter therapievertraglich vereinbarter Suchtmittelabstinenz während des stationären Aufenthalts. Darüber hinaus empfehlen wir während der Behandlung, den Kontakt zu einer ambulanten Suchtberatungsstelle herzustellen, der über unsere Sozialberatung unterstützt wird und schon während des Aufenthaltes bei uns eine Suchtselbsthilfegruppe in Dresden zu besuchen.

Sollte Ihr Konsummuster eine Behandlung des Substanzmissbrauchs oder der stoffgebundenen Abhängigkeit zunächst in den Vordergrund rücken, ist es notwendig, zunächst suchtstabilisierend zu arbeiten. Bei der Behandlung der Betroffenen ist ein multimodales Behandlungskonzept von besonderer Bedeutung: Zum einen soll die Stärkung der Selbstwahrnehmung und des Körperbewusstseins befördert aber auch neue Konfliktlösungsstrategien und der Aufbau von Frustrationstoleranz und Beziehungsfähigkeit ermöglicht werden.

Dem vorausgehend kann es allerdings notwendig sein, zunächst eine Entgiftungsbehandlung und/oder eine suchtspezifische Behandlung durchzuführen um, neben der körperlichen Entgiftung, auch einen Zugang zu den Konsumhintergründen zu erreichen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die traumatypischen Symptome während oder nach dem Entzug des Suchtmittels mit neuer Heftigkeit auftreten. Dennoch steht zunächst die Stabilisierung der Abhängigkeitserkrankung im Vordergrund um darauf aufbauend eine nachhaltig wirksame Traumatherapie zu planen.

Zu einer sinnvollen Planung Ihrer Therapie beraten wir Sie im Vorfeld gerne im Rahmen unserer Vorgespräche.